Essener OB-Kandidaten im Check Julia Klewin glaubt "an das Potenzial in den Menschen"

Am 28. September treten zwei Kandidaten zur OB-Sichwahl an. t-online stellt sie in Kurzinterviews vor. Diesmal: SPD-Kandidatin Julia Klewin.
Julia Klewin (SPD) engagiert sich seit rund 20 Jahren in der Politik – zuerst als Juso, später als Mitarbeiterin im Bundestag und heute als Ratsfrau für Essen. Im Rathaus kämpft sie eigenen Angaben nach vor allem "für eine Heimat, in der jeder Mensch sicher leben, lernen, arbeiten und alt werden können." Der Wunsch, Essen wieder zu einer Stadt werden zu lassen, in der sich Fleiß lohnt, Menschen ihre Träume verwirklichen können und allen Generationen eine Perspektive geboten wird, treibt die Politikerin an.
Bei der Kommunalwahl am 14. September erreichte Klewin mit 20,2 Prozent der Stimmen das zweitbeste Ergebnis und tritt deshalb bei der Stichwahl am 28. September gegen den aktuellen Amtsinhaber Thomas Kufen (CDU) an, auf den 42,3 Prozent der Stimmen entfielen.
t-online: Frau Klewin, wie würden Sie sich in einem Satz beschreiben?
Julia Klewin: Ich bin sehr optimistisch. Ich glaube an das Potenzial in den Menschen, so unterschiedlich sie auch sind. Deshalb bin ich Lehrerin geworden, und deshalb auch in die Politik gegangen.
In welchem Moment haben Sie entschieden: Ich möchte OB werden?
Es gab nicht den einen Moment, eher eine gewachsene Entscheidung. Im Job und in der Politik bin ich nämlich immer wieder in Situationen geraten, wo klar war: Wenn sich das zum Besseren entwickeln soll, muss sich etwas Grundlegendes ändern. Und weil mein Opa immer gesagt hat: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es – habe ich mich dann mit einer Handvoll wichtiger Menschen beraten und im Sommer 2023 die Entscheidung getroffen. Ich will dafür sorgen, dass unsere Stadt wieder funktioniert.
Wie hat sich Essen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Essen ist ein sogenannter Langfristverlierer, man muss das so hart sagen. Das Urteil kommt auch gar nicht von mir, sondern stammt aus dem Prognos-Zukunftsatlas. Unsere Stadt landet dort in der Kategorie "Wohlstand und soziale Lage" auf Platz 391 – von 400. Die Gründe dafür sehen wir jeden Tag, die A40 trennt die Stadt in Arm und Reich. Dazu kommt der schlechte Wohnungsmarkt. Für viele ist Wohnen zum Kampf geworden, die Mieten sind allein seit dem ersten Quartal 2022 um 18 Prozent gestiegen

Das ist Julia Klewin
Julia Klewin ist Oberstudienrätin für Englisch und Sozialwissenschaften an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Essen, wo sie seit 2014 unterrichtet. Politisch engagiert sich Klewin seit 2005 in der SPD. Sie war Vorsitzende der Jusos in Velbert und Mitglied in verschiedenen Vorständen, unter anderem im Landesvorstand der NRW Jusos. Seit 2020 ist sie Mitglied des Rates der Stadt Essen und ordnungs- sowie gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Darüber hinaus leitet sie seit 2018 als Vorsitzende die SPD Rüttenscheid.
Ihr Engagement spiegelt sich auch in zahlreichen Mitgliedschaften wider – darunter bei der GEW, der AWO, dem Verein für Kinder und Jugend in sozialen Brennpunkten im Ruhrgebiet (VKJ), dem Förderverein des Willy-Brandt-Centers Jerusalem und Rot-Weiss Essen.
Was mögen Sie an Essen nicht?
Das, was auch so viele andere Menschen nicht mögen: Der ganze Sand im Getriebe. Die Stadt funktioniert nicht mehr richtig. Jede Familie, die einen Kitaplatz sucht, jeder, der auf einen Termin bei der Ausländerbehörde wartet oder Vermüllung im Stadtteil gemeldet hat, weiß, was ich meine. Und dafür können die Menschen in der Verwaltung am wenigsten. Der Sand rieselt von oben.
Wenn Sie eine Sache in Ihrer Amtszeit sofort und ohne zusätzliche Beschlüsse durchsetzen könnten, welche wäre das?
Ich würde sofort alle Schulen und Sporthallen sanieren und dafür sorgen, dass die Innenstadt zu einem schönen, sauberen und sicheren Ort wird. Wir müssen als Politik viel mehr den unmittelbaren Alltag der Menschen verbessern. Schicke Konzepte und Fotos mit der Wirtschaft sind vielleicht gut für die Presse, sie dürfen aber keine Entschuldigung dafür sein, den tatsächlichen Job des Oberbürgermeisters zu vernachlässigen: Die Heimat am Laufen zu halten.
Wann waren Sie zuletzt im Stadion an der Hafenstraße und wo landet Rot-Weiss Essen am Ende der neuen Saison?
Zuletzt habe ich mir das Spiel gegen Dynamo Dresden angeschaut – auch, weil ich ein großer Fan der Stadionpommes bin. Ich bin mir sicher, dass Rot-Weiss Essen am Ende der neuen Saison auf einem der ersten fünf Plätze landen wird.
Hinweis der Redaktion: t-online hat alle Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl angefragt. Kandidaten, die auf die Anfrage nicht reagiert haben, werden bei den Kurzinterviews nicht berücksichtigt.
- Anfrage bei Julia Klewin
- Website von Julia Klewin